Kampfhunde auf dem Prüfstand – Gibt es wirklich bösartige Hunderassen?

   Ist Aggression bereits in den Genen festgelegt? Pixabay.com © zizelen (CC0 1.0)

Bild: Pixabay.com © zizelen (CC0 1.0)

Pitbull, Bullterrier, Rottweiler oder Bulldogge – sie alle gelten als potentiell gefährliche Hunderassen, deren Haltern in der Öffentlichkeit große Abneigung entgegen stößt und die sich an sehr viele Regelungen halten müssen. Von weltweit rund 360 anerkannten Hunderassen werden ungefähr zehn bis zwanzig je nach Bundesland unterschiedlich gefährlich eingestuft, eine gesonderte Kampfhund-Einteilung gibt es hingegen nicht.

 

Kampfhunde auf dem Prüfstand - Grafik 1
Quelle: http://www.vitaler-hund.de/

Das bedeutet für die Besitzer meist viel Papierkram, Stigmatisierung und Vorurteile, die sich über Medienberichte und Erfahrungen herausgebildet haben. Doch wie gefährlich sind die Kampfhunde wirklich und warum ist ihre Entwicklung so negativ behaftet?

Ursprung der Kampfhundzucht

Als Kampfhund werden die Tiere bezeichnet, die besonders gefährlich sein können und ein Sicherheitsrisiko für Menschen darstellen. Die Hundezucht erreichte im 13. Jahrhundert ihren ersten Höhepunkt, als im militärischen Bereich verstärkt Hunde als Waffen gezüchtet wurden, um dem Feind Bisswunden und tödliche Verletzungen zufügen zu können. Oft wurden den Doggen ähnliche Rassen verwendet, mit bis zu 80 Zentimetern Höhe, eingekleidet in eigene Panzerungen.

Ein Beispiel ist der Mastiff, der vermutlich ab dem 14. Jahrhundert in England gezüchtet und als Jäger für Großwild, Bären oder Wildschweine eingesetzt wurde. Dieses Video liefert einige Daten zu der großen Hunderasse:

https://www.youtube.com/watch?v=7A7PUHyYFPc


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Hundekämpfe als Unterhaltungsfaktor

Da Hunde als Kriegsteilnehmer mit Aufkommen der modernen Waffen nicht mehr benötigt wurden, verstärkte sich die Zucht auf Jagd- und Haushunde, aber auch auf die Kampfhunde, die zu Unterhaltungszwecken für die Bevölkerung herhalten mussten. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die Kämpfe immer populärer, vor allem in Großbritannien. Die Hunde mussten in den „Pit“, die Arena, und entweder Ratten oder andere Hunde bis zum Tod besiegen. Die Wetten waren das lukrative Geschäft der Hundehalter und der Zuschauer.  Die Besitzer erzogen ihre Hunde zur äußersten Aggressivität anderen Tieren gegenüber, ein Beißen der Menschen war verpönt und führte oft zum Tod der Tiere. Obwohl das Abrichten der Hunde zu Kampfzwecken heutzutage in vielen Ländern zum Schutz der Tiere und der Menschen verboten ist, gibt es weltweit zahlreiche illegale Hundekämpfe, wie in den USA, China, Afghanistan oder Russland. Es gibt auch Meldungen aus Mallorca, Bulgarien, Österreich, Deutschland oder Tschechien.

Die Tiere werden oft misshandelt, müssen Hungern, werden vor den Kämpfen gereizt und mit kleineren Tieren geködert. Nach den Kämpfen erliegen viele Tiere ihren schweren Verletzungen,  werden für weitere Kämpfe notdürftig geflickt oder mit einem Bolzenschussgerät erledigt. N24 berichtet von Hundekämpfen in den USA.

Vom Welpen zur gefährlichen Rasse – Haltungsfaktoren

Viele Tierschützer und Tierschutzorganisationen weisen darauf hin, dass es prinzipiell keine „Kampfhunde“ oder von sich aus aggressive Hunderasse gibt. Doch die Bundesländer bestimmen, dass einige Rassen in Deutschland anders zu behandeln sind. Diese Hunde dürfen nicht gezüchtet werden, auch nicht als Kreuzungen und dem Besitz muss eine Erlaubnis der Ortspolizeibehörde vorausgehen. Leinen- und Maulkorbpflicht besteht bei den eingestuften Rassen ab sechs Monaten und in vielen Bundesländern und bei Aus- und Einfuhr in Europa ist ein Mikrochip notwendig, mit einem 15-stelligen Erkennungscode.

Kampfhunde auf dem Prüfstand
Maulkörbe sind für gefährliche Hunde verpflichtend anzulegen; Pixabay.com © skeeze (CC0 1.0)

Viele Personen, die zum ersten Mal mit gefährlich eingestuften Hunden zu tun haben, sind meist unsicher darüber, was die rechtliche Lage und die Konsequenzen bei Problemen angeht. Sollten die Halter laut Versicherungsexperten von ERGO Direkt eine Tierhalterhaftpflichtversicherung besitzen, sind private „Aufpasser“ und „Gassigeher“ bei Schadensfällen mit versichert.

Die Versicherung kommt zum Einsatz bei Personenschäden wie Schmerzensgeld oder Behandlungskosten, Sachschäden oder Vermögensschäden zum Beispiel bei Dienstausfällen betroffener Personen. Professionelle Hundesitter müssen sich hingegen selbst versichern.

Wer einen gefährlichen Hund halten will, braucht meist folgende Unterlagen:

  • Sachkundenachweis
  • Negativzeugnis/Wesenstestnachweis
  • Führungszeugnis des Halters
  • Tierhalterhaftpflichtversicherung
  • Impfpass

Weitere Regelungen zur Ein- und Ausfuhr erläutert der Zoll.

Die Hundesteuer ist für jeden Hund zu entrichten und einige Gemeinden können selbst entscheiden, ob sie „Kampfhunde“ mit höheren Steuern belegen. Laut der Hundesteuer Datenbank verlangt beispielsweise die Gemeinde Ehingen an der Donau in Baden-Württemberg 1732 Euro für die gefährlichen Rassen und 66 Euro für die anderen Hunde. Andere Orte erheben keine Extrasteuer.

 

Hundesteuer in Deutschland
Quelle: http://www.bellux.de/

American Pitbull Terrier – Ein kompakter Killer?

Der American Pitbull Terrier ist eine Mischung aus einer Bulldogge und einem Terrier und wurde ursprünglich hauptsächlich für den Hundekampf gezüchtet. Als Rasse wird er von der FCI, der Federation Cynologique International, nicht anerkannt, in Neuseeland und Großbritannien ist er generell verboten.

Die Hunde werden bis zu 56 Zentimeter hoch, können bis zu 36 Kilogramm wiegen und werden bis zu zwölf Jahre alt. Ihre Statur ist kompakt und sehr muskulös, mit breitem Schädel und kräftigem Kiefer. Durch das große Selbstbewusstsein und sein starkes Revierverhalten ist eine konsequente Erziehung notwendig, doch viele Hundeexperten bescheinigen dem Hund einen menschenfreundlichen Charakter, mit viel Spielfreude, Treue und Sanftmut gegenüber Familienmitgliedern. Besonders der Schutz- und Verteidigungstrieb ist bei dem Pitbull sehr ausgeprägt und hat ihm den Ruf als gefährlichen Hund eingebracht, der selbst bei harmlosen Annäherungen an das Grundstück oder Herrchen aggressiv gegen den vermeintlichen Aggressor vorgeht.

Laut der Beißstatistik 2012 gab es in Berlin vier Fälle, in denen Menschen verletzt oder gefahrdrohend angesprungen wurden und sieben Fälle, in denen Hunde verletzt wurden. Insgesamt waren es 25 gefährliche Fälle von gefährlichen Hunderassen. Alle Hunde einberechnet gab es 655 Fälle, darunter 75 allein durch den Deutschen Schäferhund, der nicht auf der Liste der gefährlichen Rassen steht.

 

Hundebisse in Berlin
Quelle: http://www.gruene-fraktion-berlin.de/

Wer sich einen Pitbull Terrier zulegt, sollte in jedem Fall ein gutes Training absolvieren, eine sehr starke Durchsetzungskraft besitzen und einen Wesenstest für den Hund durchführen, der nach dem Bestehen ein Halten ohne Maulkorb möglich macht.

 Der Rottweiler – ein verkannter Familienhund?

Rottweiler
Rottweiler brauchen viel Beschäftigung; Pixabay.com © Alexis (CC0 1.0)

Der Rottweiler kann bis zu 70 Zentimeter groß werden und über 50 Kilogramm wiegen. Sein Ursprung stammt vermutlich von Mastiff-ähnlichen Hunden ab, die bereits während der Römerzeit als Treib- und Schutzhunde eingesetzt wurden. In der Stadt Rottweil kam eine Kreuzung aus Schäferhund und Rottweiler zustande, um Halter und Herden zu beschützen. Seit 1910 gilt er offiziell als Polizei-Diensthund und wird auch als Rettungshund verwendet. Als Wesenszüge werden ihm Folgsamkeit, Intelligenz und Mut zugeschrieben und vollständige Loyalität. Ähnlich wie der Pitbull Terrier hat er einen großen Beschützerinstinkt, jedoch kaum einen Jagdtrieb.

Bei der Erziehung ist absolute Konsequenz gefragt, da der Schutz von Herrchen und Hof sehr ausgeprägt sein kann und er eine gute Führung benötigt. Eine frühzeitige Sozialisierung mit anderen Hunden und Familienmitgliedern ist deshalb sehr wichtig, trotzdem bleibt eine gewisse mittlere bis hohe Reizschwelle. Darüber hinaus können aufgrund von Überzüchtungen Hüftgelenksdysplasie, Herzprobleme und Kreislaufschwächen auftreten. Durch mehrere Beißunfälle in den vergangenen Jahren bleibt der Rottweiler auf der Liste der gefährlichen Hunde und oft ist es die mangelnde Erziehung und die fehlende Konsequenz sowie eine schlechte Behandlung, welche die Tiere zu aggressivem Verhalten verleiten. In diesem Video ist beispielsweise zu sehen, wie ein Rottweiler mit einem Baby spielt:

https://www.youtube-nocookie.com/embed/JJqoTN5LkDs


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Der Bullmastiff – Vorzeigekampfhund?

Als einer der größten gefährlichen Hunderassen gilt der Bullmastiff, mit bis zu 70 Zentimetern Größe und 60 Kilogramm Gewicht. Er stammt aus einer Zucht zwischen Mastiff und Bulldogge und wurde früher hauptsächlich als Wachhund eingesetzt, denn er ist sehr muskulös, aktiv und kräftig. In England ist er als Polizeihund im Einsatz und besitzt dabei eine hohe Reizschwelle. Sein Wesen wird als intelligent, anpassungsfähig und gelassen beschrieben, aber auch als stur und problematisch in Bezug auf Rangordnungen. Halter sollten deshalb von Anfang an eine strenge Erziehung durchführen, denn der Mastiff ist sehr eigensinnig und braucht eine gute Sozialisierung mit anderen Hunden. Allerdings gilt der Bullmastiff als leichter erziehbar als andere Molosser-Rassen.  Er besitzt trotz seines starken Willens eine große Geduld, benötigt viel Zuneigung und Belohnungen sowie eine starke Hand, um nicht zu sehr auszubrechen.

Hundeerziehung als Einflussfaktor

Die Gründe für mögliche Aggressionen gegenüber anderen Hunden oder Menschen sind zahlreich:

  • Jagdtrieb
  • Angst und Furcht
  • Frustration
  • Erkrankungen
  • Misshandlungen
Bulldogge
Viele gelistete Hunde haben einen großen Bewegungsdrang; Pixabay.com © JanDix (CC0 1.0)

Hunde versuchen meist zuerst durch defensives Verhalten der stressvollen Situation zu entkommen und reagieren nur im Notfall mit einem Präventivschlag. Erbanlagen wie geringe Hemmschwellen können sich negativ auswirken, wenn weitere Faktoren hinzukommen. Vieles hängt mit der Erfahrung der Tiere zusammen, denn gerade große und eigenwillige Hunde benötigen eine gute Erziehung, die ihnen Gehorsam und Zuneigung beibringt. Viele Hundebesitzer sind mit dieser Aufgabe oft überfordert, so dass sich Fehlverhalten und Verteidigungsmechanismen bei den Hunden einstellen:

 

 

  • Sofort nach Hause gehen, wenn der Hund sich erleichtert hat
  • Die Nase im eigenen Kot reiben, wenn er im Haus sein Geschäft erledigt hat
  • Ignorieren von falschem Verhalten wie Aggression, Anspringen oder Zerstörung
  • Den Hund rufen, um ihn zu bestrafen
  • Den Hund schlagen oder mit Schmerzen erziehen
  • Inkonsequenz
  • Nicht ausreichend oder schnell genug belohnen

Tatsächlich kann jeder Hund in den falschen Händen zu einer gefährlichen Waffe werden, doch besonders bei großen und muskulösen Hunden sind die Kraft und das Beißwerkzeug deutlich gefährlicher, als bei kleineren Hunderassen.

Schleswig-Holstein hat 2015 die bisherige Rasseliste abgeschafft, denn sie sei diskriminierend und praxisfern. Ab 2016 sollen nur die Hunde als gefährlich eingestuft werden, die auffällig geworden sind und nach zwei Jahren können sie einen Wesenstest wiederholen und ohne Maulkorb an der Leine gehalten werden. Halter gefährlich eingestufter Hunde müssen einen Hundeführerschein mit theoretischer und praktischer Prüfung absolvieren. Weitere Details gibt es in dieser Pressemitteilung.

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